Antragsteller*in: | Carro Göbel, Jakob Wiegmann, Magnus Amon Richter |
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Antragshistorie: | Version 2 |
V7: Für eine GRÜNE JUGEND, die alle erreicht
Antragstext
Wir leben in einer Gesellschaft, die nicht darauf ausgelegt ist, den
vielfältigen Bedürfnissen aller Menschen gerecht zu werden. Vielmehr ist sie
geprägt von Normvorstellungen, die bestimmten Lebensrealitäten Vorrang geben,
während andere marginalisiert und unsichtbar gemacht werden. In einem solchen
gesellschaftlichen Gefüge ist Diskriminierung kein Einzelfall oder individuelles
Fehlverhalten – sie ist systematisch und strukturell verankert. Strukturelle
Diskriminierung beschreibt jene Formen der Benachteiligung, die durch bestehende
gesellschaftliche Regeln, Institutionen, Praktiken und Denkmuster entstehen und
sich oft nicht auf den ersten Blick zeigen. Sie wirkt auch dann, wenn keine
offene oder bewusste Abwertung stattfindet, etwa wenn Menschen aufgrund ihrer
Herkunft, Religion, Sprache, körperlichen oder kognitiven Fähigkeiten, ihrer
Geschlechtsidentität, ihrer sexuellen Orientierung, ihres Alters, ihrer sozialen
Herkunft oder ihres Bildungsniveaus weniger Zugang zu Ressourcen, Räumen oder
Mitbestimmungsmöglichkeiten haben. Diese Diskriminierungsformen sind oft
miteinander verflochten und verstärken sich gegenseitig – ein Konzept, das als
Intersektionalität beschrieben wird. Wer in einer solchen Gesellschaft echte
Teilhabe ermöglichen will, muss bestehende Machtverhältnisse kritisch
hinterfragen und konkrete Barrieren aktiv abbauen.
Die GRÜNE JUGEND Hamburg versteht sich als ein Verband, der sich für eine
vielfältige, inklusive und gerechte Gesellschaft einsetzt. Unser Anspruch an
politische Glaubwürdigkeit bedeutet auch, diesen Anspruch in unseren eigenen
Strukturen sichtbar zu leben. Doch auch wir bilden zu häufig noch
gesellschaftliche Machtverhältnisse im Verband ab. Noch immer sind Menschen, die
Teil marginalisierter Gruppen sind, in unserem Verband unterrepräsentiert.
Gerade in einer Stadt wie Hamburg, die von Diversität geprägt ist, müssen wir
uns ehrlich fragen, wen wir mit unserer politischen Arbeit erreichen – und wen
(noch) nicht. Vielfalt darf kein reines Lippenbekenntnis bleiben, sondern muss
sich auch in der konkreten und aktiven Verbandsarbeit und der Zusammensetzung
unserer Strukturen niederschlagen.
Als GRÜNE JUGEND Hamburg müssen wir deshalb Barrieren abbauen, neue Zugänge
schaffen und empowernde Räume gestalten. Dafür braucht es gezielte Maßnahmen.
Barriereabbau bedeutet hier also nicht nur den Abbau physischer Hürden wie nicht
barrierefreie Veranstaltungsräume oder schwer verständliche Sprache, sondern
auch das bewusste Auseinandersetzen mit strukturellen Ausschlüssen. Wir brauchen
eine Strategie mit klaren Maßnahmen, die zu echter Teilhabe führt und unseren
Verband zu einem Ort der gelebten Vielfalt macht.
Die Landesmitgliederversammlung möge daher beschließen:
Der Landesvorstand wird damit beauftragt, einen Prozess anzustoßen und auf der
nächsten regulären Landesmitgliederversammlung über den Stand der Umsetzung
folgender Maßnahmen zu berichten:
- Aktive Ansprache:
- Entwicklung und Umsetzung einer Kommunikationsstrategie, die gezielt
marginalisierte Jugendliche sowie junge Menschen mit
Diskriminierungserfahrung anspricht. - Erarbeitung von mindestens einem barrierearmen und
niedrigschwelligen Veranstaltungsformat, das in regelmäßigen
Abständen stattfindet.
- Entwicklung und Umsetzung einer Kommunikationsstrategie, die gezielt
- Empowerment und nachhaltige Teilhabe:
- Entwicklung konkreter Ideen, wie Strukturen der GRÜNEN JUGEND
Hamburg so gestaltet werden können, dass sie eine nachhaltige
Teilhabe für die genannten Gruppen ermöglichen.
- Entwicklung konkreter Ideen, wie Strukturen der GRÜNEN JUGEND
Begründung
Als GRÜNE JUGEND haben wir den Anspruch, eine gerechte Gesellschaft mitzugestalten – feministisch, antirassistisch, klimagerecht und solidarisch. Wir wollen intersektionale Antidiskriminerungsarbeit in der Gesellschaft leisten – doch müssen dringend intern anfangen. Unser Anspruch darf nicht bei politischen Forderungen nach außen enden, sondern muss in unseren eigenen Strukturen beginnen. Wenn wir in einer Stadt wie Hamburg, kaum migrantisierte Jugendliche, FLINTA*-Personen oder junge Menschen aus nicht-akademischen Haushalten ansprechen, dürfen wir das nicht hinnehmen.
Offenheit allein baut keine Barrieren ab. Es braucht gezielte Ansprache, Strukturen und Räume. Wenn wir langfristig wachsen und die gesellschaftliche Vielfalt auch in unserem Verband abbilden wollen, müssen wir uns ehrlich machen, Lernprozesse anstoßen und Verantwortung übernehmen.